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SZ Online 2006/04/07
Der Helm kann Schlimmes verhindern
FRIEDRICHSHAFEN - Wenn jetzt die Inliner- und Fahrradsaison
wieder beginnt, bekommen die Ambulanzen der Kliniken wieder
reichlich Zulauf. Von Schürf- und Platzwunden über Brüche
bis hin zu Schädel-Hirn-Traumata reichen die Verletzungen.
Erschreckend wenige der Lädierten hatten einen Helm auf
oder Protektoren an.
Von unserem Redakteur Anton Fuchsloch
Eberhard Amrein, pflegerischer Leiter der chirurgischen
Ambulanz im Friedrichshafener Klinikum, hat mitgezählt: Von
Mitte März bis September 2005 sind 357 verletzte Radfahrer
in die Ambulanz gekommen. 245 von ihnen hatten keinen Helm
getragen, das sind fast 70 Prozent. Bei den verletzten
Inlinern sieht's noch schlechter aus. Von 48, die in diesem
Zeitraum in die Ambulanz eingeliefert wurden, waren 37 ohne
ausreichende Schützer unterwegs - also 77 Prozent. "Unsere
Hauptkunden sind die Wochenend- und Gelegenheitsradler",
sagt Amrein. Leute, die mal den See umrunden, aber sich
sonst wenig auf dem Fahrrad bewegen, oder mal mit dem Rad
auf dem Markt gehen. Nicht alle Gestürzten tragen
Kopfverletzungen davon, aber wenn, dann sind die Folgen oft
schwer. Und die Kosten für die Kassen hoch. Deshalb
plädiert Bernd Selbherr von der AOK Bodenseekreis für eine
Helmpflicht. "Das wäre ein wichtiger Schritt, die
Fahrradfahrer daran zu gewöhnen", meint Selbherr. Von einer
Zusatzversicherung für Freizeitsportler hält er allerdings
nichts. "Wir müssen es schaffen, die Eigenverantwortung zu
stärken. Das wäre schon ein wichtiger Beitrag zu einer
Gesundheitsreform."
Die Polizei sieht sich zwar kaum in der Lage, eine
Helmpflicht für Radfahrer entsprechend zu kontrollieren,
doch sinnvoll wäre sie schon, meint Kommissar Harald
Müller. Allein die versicherungsrechtlichen Konsequenzen
bei einem Unfall würden manchen zum Helmaufsetzen bewegen.
Eltern sind nicht immer Vorbild
Da es in Deutschland keine Helmpflicht gibt, hat die Polizei
in ihrer Statistik keine Daten, wie viele von den 320 im
vergangenen Jahr im Bodenseekreis verunglückten Radfahrern
Helme getragen haben. So viel lässt sich aber sagen: 223
der Unfälle waren selbst- oder mitverschuldet, wie Harald
Müller gestern im Klinikum sagte. Der für
Verkehrsprävention bei der Polizeidirektion zuständige
Kommissar weiß, dass ein Fahrradhelm immer noch uncool ist.
Selbst Jan Ulrich, der bei Rennen selbstverständlich einen
Helm trägt, benutze diesen in der Freizeit nicht immer.
Aber viele Eltern machen"s schließlich genauso und geben
damit keine Vorbild ab.
Dabei sind Helme heute nicht mehr das, was sie mal waren,
weiß Michael Wassmuth von "Die Fahrradprofis". Federleicht,
gut belüftet, jeder Kopfform anpassbar und sogar zum Anzug
zu tragen. Am Geld kann's auch nicht mehr liegen: Selbst
Helme unter zehn Euro bieten ausreichend Schutz. Wer mehr
Tragekomfort will, sollte um die 50 Euro hinlegen. Ein Helm
wie ihn Ulrich & Co. tragen für 220 Euro müsse nicht sein.
Oft hapert es aber auch an der Technik und dem Zustand des
Fahrrads. Mehr als die Hälfte der an Schulen überprüften
Räder seien nicht in Ordnung, bestätigt Kommissar Müller.
Vor allem Bremsen und Beleuchtung funktionieren meist nicht
richtig, was bei regelmäßiger Wartung nicht passieren kann.
Denn die Technik sei selbst bei billigen Rädern heute in
der Regel gut, sagt Wassmuth. Ein regelmäßiger
Kundendienst, der beim Auto selbstverständlich ist, wäre
beim Fahrrad auch angezeigt. Inlinern rät Bernd Selbherr
dringend, einen Kurs zu belegen. Vor allem Bremsen will auf
den Kufen mit Rädern gelernt sein. Die Meisten kapieren's
freilich erst nach einem Sturz, weiß Selbherr. Und für
Eberhard Amrein ist "der Schmerz der beste Lehrmeister,
sich besser zu schützen". Doch so weit muss es nicht
kommen.
''Der Helm kann Schlimmes verhindern''
Helm auf - erst dann aufs Rad steigen! Für sie ist das eine
Selbstverständlichkeit (von links): Eberhard Amrein,
Michael Wassmuth, Harald Müller und Bernd Selbherr.
SZ-Foto: Anton Fuchsloch}
Einfach losradeln, das kann man mit nahezu jedem Fahrrad.
Aber wer sich entscheidet, regelmäßig Alltags- und
Freizeitwege im Sattel zurückzulegen, der sollte nicht nur
auf einen gewissen Komfort, sondern auch auf die Sicherheit
Wert legen. Welches Rad ist das richtige? Wie stelle ich es
korrekt auf meine Körpergröße ein? Welche Spezialkleidung
ist sinnvoll? Diese und ähnliche Fragen beantwortet der
Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) in seinen
Praxistipps unter www.adfc.de nahezu erschöpfend. Ein
Hinweis auf den schützenden Helm oder gar eine Empfehlung,
einen solchen zu tragen, sucht man dort aber vergeblich.
Selbst auf Fotos zeigt der ADFC auf seiner Website
Freizeitradler ausnahmslos ohne Kopfschutz. Verpasste
Chance: Wer, wenn nicht die Fahrradlobby, könnte ihr
Klientel zum Umdenken bewegen? (af)
(Stand: 07.04.2006 00:16)
Quelle: http://www.szon.de/lokales/friedrichshafen/stadt/200604070303.html
Eberhard Amrein hat also mitgezählt ... aber hat er auch mitgerechnet? 70 % der in der Ambulanz behandelten Fahrradfahrer trugen keinen Helm, es bleiben also 30 % Helmträger -- hieraus kann man lediglich folgern, daß (bei einer realen Tragequote von unter 10 %) Helmträger demnach mehr als 3mal so häufig in der Unfallambulanz anzutreffen sind als im Straßenverkehr; nicht mehr und nicht weniger.
Bernd Selbherr von der AOK behauptet, eine Helmpflicht würde die Fahrradfahrer an das Tragen der Styroporkappe gewöhnen; die Frage wie viele Menschen sich das Fahrradfahrer wegen einer Helmpflicht abgewöhnen würden het er sich bestimmt noch nicht gestellt.
Die Polizei hat keine Daten über die Helmtragequote bei verunfallten Fahrradfahrer weil es keine Helmpflicht gibt? Wer oder was hindert sie daran, Zahlen über die Tragequote zu sammeln? Oder müsste man eingestehen, daß die Styroporkappen keinen statistischen Effekt auf die Schwere von Verletzungen haben?
Warum Radsport-Profis nur dann einen Fahrradhelm tragen, wenn sie dies müssen (bei Rennveranstaltungen), kann man hier bei den Mythen zum Fahrradhelm nachlesen.
Zuletzt bleibt noch anzumerken, daß der ADFC nicht "die Fahrradlobby" ist, sondern ein Verein, dessen Ziel die Förderung des Fahrradverkehrs ist. Es ist sehr erfreulich, daß der ADFC nicht für eine Helmpflicht plädiert, sondern geschlossen dagegen Position bezieht (ADFC Bayern).